Die Geschichte der DDR-Punkband Schleimkeim und ihres Sängers und Gitarristen Dieter »Otze« Ehrlich inspiriert dieses Projekt des »Dritte Degeneration Ost«-Kollektivs.
Wie erklärt sich Ehrlichs eigener Untergang nach dem Untergang der DDR? Konnte er nicht umgehen mit der Freiheit, für die er vorher gekämpft hatte? War die Freiheit, die er erlangte, vielleicht nicht die, für die er gekämpft hatte? (Hatte er, auch das kann man fragen, überhaupt für etwas gekämpft?)
Auf die »blühenden Landschaften«, die Kohl 1990 für Gesamtdeutschlands Osten versprach, warten wir jedenfalls noch heute. Und nicht wenige von denen, die dort damals nach Freiheit schrien, sind heute dafür, sie wieder abzuschaffen.
Grundgedanke von OPER OTZE AXT bleibt, dass Ehrlichs Geschichte mehr erzählt als ein persönliches Schicksal, dass sie etwas zu tun hat mit heutigen Problemen des vereinten Deutschlands.
Darmstädter Proben beginnen im Januar.
Anfang Dezember jetzt schon: ausführliches Vorbereitungstreffen mit Gesangsensemble und musikalischer Leitung. Gespräche über feXm und NOperas!, über jeweils persönliche Perspektiven auf west- und ostdeutsche Geschichte, die sich je nach persönlicher Herkunft und Alter scheiden. Gespräche über Oper und Punk. Über Arbeitsweisen und musikalische Ansätze.
Die Komposition wird kollektiv verantwortet. Pluralistisch geht es auch auf vokaler Ebene zu: Opernstimmen (des Darmstädter Ensembles), »Natur-«Stimmen (der Performer:innen von DDO) und dazu die Gerätschaften von Antonia Beeskow, die den Gesang dann noch durch die elektronische Mangel dreht.
Erst vor kurzem wurde die Partitur endlich fertig. Manches in ihr bleibt skizziert bloß, soll frei und improvisatorisch gestaltet werden. Viel unterliegt im Probenprozess noch möglicher Änderung und Anpassung.
Viel weiter weg vom gewohnten Musiktheater-Betrieb kann man mit all dem nicht sein. So fordert das Projekt von den beteiligten Solist:innen ein erhebliches Maß an Experimentierfreude.
Mezzosopranistin Clara Kreuzkamp bringt Offenheit und Neugier mit. Georg Festl singt nicht nur Figaro und Leporello. Er ist daneben auch Rockgitarrist und bekennender AC/DC-Fan. Thomas (Tom) Mehnert bringt Erfahrung mit einem wilden Projekt der Münchener Biennale mit ein.
Alles läuft also hinaus auf den Nachmittag, als Kompositionsteam und Gesangsensemble gemeinsam dann in Klausur gehen. Für die »Dritte Degeneration Ost« und für OPER OTZE AXT ist das die mit einiger Nervosität erwartete Stunde Null.
Auf wie fruchtbaren Boden sind die Gespräche vom Vormittag gefallen?
Ausprobieren, was man mit der Stimme machen kann. Improvisatorisch. Ohne Noten. Durchaus – Frieda Gawenda übernimmt die Leitung – aber mit Plan.
Mikros werden verkabelt. Effektgeräte verschaltet. Dramaturgie und Regieteam verjagt und raus in den Schneeregen der Rheinebene geschickt.
Was für Räume braucht das Theater?
Nico Sauers Projekt »Die Kantine« will Hinterbühne, Werkstätten und Verwaltungstrakt zur Bühne machen. All diese Orte, die dem Publikum sonst verborgen bleiben, mussten vom Produktionsteam im November jetzt selbst erst einmal erkundet werden.
Münsters wie Darmstadts alte Theaterbauten fielen im Krieg Luftangriffen zum Opfer. Beide heutigen Häuser sind Ikonen des Theaterbaus der Nachkriegszeit. Beide besitzen zwei Bühnen mit jeweils ähnlicher Zuschauerkapazität. Ansonsten aber könnten sie unterschiedlicher kaum sein.
Münsters neues Haus, bereits 1956 eröffnet, wurde an der Stelle des alten in den erhaltenen oder wieder zu errichtenden Baubestand der Altstadt gezwängt. Abseits der Bühne wandert man hier durch enge und verwinkelte Gänge. Auch für die Werkstätten gab es hier wenig Raum. Die heutigen befinden sich weit außerhalb des Theaters in einem Industriegebiet am Rand der Stadt.
Auf einer weiten Brachfläche, die der Krieg hinterlassen hatte, konnte sich dagegen Darmstadts Theater entfalten. Erst in den späten 1960er Jahren, mitten also im »Wirtschaftswunder« wurde es gebaut. Nicht nur viel Raum stand zur Verfügung, sondern auch beträchtlich mehr an Finanzkraft. Schon der weitläufige Vorplatz (ich kenne kein Theater, das einen größeren hätte) demonstriert, wie großzügig man hier planen konnte. Großräumig und weitläufig geht es hier auch hinter der Bühne zu. Entsprechend unterschiedlich können auch beide Varianten dieses NOperas!-Projekts nur werden. Wird »Die Kantine« in Münster ohne Einbeziehung der Werkstätten auskommen müssen?
Anders als der späte Theaterneubau in Darmstadt standen diejenigen der 1950er Jahre noch unter der Idee eines Neuanfangs, der nach dem Ende der Hitlerjahre mit auch als künstlerischer gedacht war. Dabei besann man sich zurück auf die Jahre der Vorkriegsavantgarde. Bevor Werner Ruhnau sich wenig später mit dem Entwurf von Gelsenkirchens neuem Musiktheater auf weit größerem Stadtraum dann ausleben konnte, schuf er auch schon in Münster neben der großen Bühne ein »kleines Haus«, das auf flexible Bestuhlung hin konzipiert war und partizipativere Formen als die des bürgerlichen Guckkastentheaters ermöglichte. Ähnlicher Inspiration folgte zur selben Zeit auch Mannheims neues Theater, wo großes und flexibel angelegtes kleines Haus darüber hinaus auch zur Einheit einer großen Arena verbunden werden konnten, auf die das Publikum von zwei Seiten her blickt.
Heute sind beide Mannheimer Bühnen längst fix durch eine nachträglich eingezogene Mauer getrennt. Einer flexiblen Nutzung der in den 1950er Jahren variabel gebauten »zweiten« Spielstätten dagegen steht überall der Repertoirebetrieb entgegen – zu groß wäre der Aufwand, gemeinsam mit der Bühne je nach Aufführung Abend für Abend auch den Zuschauerbereich mit umbauen.
Viele Theatermacher:innen suchen indessen heute nach immersiven Formen, die das Publikum ins Theatergeschehen mit einbeziehen. Wo man es mit einem herkömmlichen Bühnenraum zu tun hat, werden Ränge und Zuschauerraum zu zusätzlichen Spielflächen, das Publikum wird herausgerissen aus der vermeintlichen Sicherheit einer Position, die sich allein aufs Betrachten beschränkt. (So geschehen etwa beim NOperas!-Projekt »Kitesh«, wo der Zuschauerraum gar zur Spielfläche eines bewaffneten Überfalls wurde.)
Oder man geht, wie Nico Sauer, noch einen Schritt weiter – man dreht die Situation einfach um, bespielt nicht mehr die Bühne, sondern ihren Außenraum.
So oder so spielt man dabei an gegen die Stein gewordene Idee bürgerlichen Illusionstheaters, das kaum mehr den Herausforderungen unserer Realität entspricht.
Etliche der nach 1945 errichteten Gebäude sind heute Sanierungsfälle. In die Köpfe der Stadtverantwortlichen ist indessen das Theater des 19. Jahrhunderts zurückgekehrt. Statt das Theater von heute und morgen zu bauen, wird überall gerade das von gestern restauriert. Dabei werden Chancen vertan, die es nur alle siebzig Jahre mal gibt.
Auf einer Bauprobe wird der Entwurf eines Bühnenbilds geprüft, bevor er in den Werkstätten dann in Fertigung geht. Neben technischen Lösungen geht es auch um Raumwirkung und Sichtlinien. Bauteile werden mit improvisierten Mitteln angedeutet. Ort ist normalerweise die Bühne, auf der das betreffende Stück dann später zur Aufführung kommt.
Bauproben im Rahmen von »NOperas!« sind ein besonderer Fall. Sie finden am erstproduzierenden Haus statt. Der Entwurf muss variabel genug sein, um den räumlichen Verhältnissen aller Theater angepasst werden zu können. Zur Orientierung reisen auch Abteilungen der anderen Häuser mit an. Falls nicht zu viele Probleme auftreten, herrscht die gehobene Stimmung einer Fachkonferenz. Für die technischen Abteilungen ist es die rare Situation von Begegnung und Austausch mit Kollegen gleicher Zunft. Oft ergeben sich Synergien. Was fürs eine Haus schwierig ist, kann das andere leisten. Man reicht sich in technischen Fragen die Hand.
Eine besondere unter diesen besonderen Bauproben war die von OPER ATZE AXT, nicht in Darmstadt, Bremen oder Gelsenkirchen, sondern – in einer Fabrikhalle in Unterkassel. »Zieht euch warm an, der Ort ist unbeheizt«, mailte Produktionsleiterin Anne Bickert. Von der Kasseler Straßenbahnhaltestelle mit dem trügerischen Namen »Katzensprung« bleibt es ein längerer Marsch durch Industriegebiet dann bis zum Firmengelände der Hafenstraße 76. Gemütlich ist es da nicht, aber wärmenden Kaffee kriegt man im 300 Meter entfernten OBI-Markt. Vom OBI-Bäcker, der Weihnachtswahn hat begonnen, hat jemand auch vorweihnachtliche Makronen mitgebracht. Sie bleiben liegen, nachdem ein OBI-Witz betreffend Makronen und Sägespäne gefallen ist.
Fabrikhalle statt Bühne also. Und anders als sonst auch auf Bauproben: nichts wird improvisatorisch hier angedeutet, alles steht bereits fertig da: die finalen Bauteile, professionell verschraubt und verschweißt von den Leuten des RHO-Kollektivs. Als Bauprobe, »die keine war«, bezeichnet sie mit Ironie in der Stimme am Telefon später Brigitte, Bremens Operndirektorin.
RHO, nicht nur künstlerisch, sondern in diesem besonderen Fall eben auch baulich für die Bühne verantwortlich, kooperieren in OPER OTZE AXT mit »Dritte Generation Ost«, man könnte sagen: bilden ein »Subkollektiv« der DDO-Leute.
Über mehrere Wochen haben RHO in Unterkassel mit teils kostengünstig, teils kostenlos erworbenem industriellem Ausschussmaterial gearbeitet, sich vom dabei Aufgetriebenen inspirieren lassen, es experimentierend auf verschiedenste Weisen zusammengebaut, wieder auseinandergenommen, neu zusammengesetzt. Drei Objekte sind dabei entstanden: auf Rollen gesetzte Kammern, die ihre Herkunft aus Schrott nicht zu vertuschen zu versuchen, sondern geradezu ausstellen. Sie ruhen auf ausgemusterten Bühnenwägen, die das Staatstheater Kassel stiftete, so dass neben Darmstadt, Bremen und Gelsenkirchen unter der Hand also ein weiteres Theater zu dieser Produktion nun mit beiträgt.
Für die Leute von RHO, die künstlerisch sonst im Bereich von Ausstellung und Installation arbeiten, ist die DDO-Kooperation die erste Begegnung mit dem Feld des Theaters. Ihre Arbeit muss sich in Kassel nun den Häusern, vor allem dabei deren Sicherheitsbestimmungen, stellen.
Ungewohnt ist die Begegnung auch für die Theater. Dies oder jenes müsste noch zusätzlich verschweißt werden, ansonsten fällt für die Werkstätten kaum eigene Arbeit an. Trotzdem, vieles hier trifft sich mit aktuellen Tendenzen im Bereich der Performing Arts, übersetzt sie vom Gebiet der Bühnenaktion sozusagen in den Bereich der Bühnenplastik: Ein klassischer philosophischer Versuch, das Schöne zu definieren, verbindet sich damit, seinen besonderen Nutzen abzuheben von jeglichem Nutzen innerhalb der Kategorien praktischen Verwertbarkeitsdenkens. Das auf praktischer Ebene Nicht-mehr-Nützliche, dem die Wegwerfgesellschaft in ihrem Zwang zu immer beschleunigterer Produktion immer beschleunigter auch das Müllplatz-Etikett »nutzlos geworden« aufklebt, hier erscheint es entsprechend solcher Definition zu Schönem geadelt.
Analog zu der Weise, wie den Projekten von »NOperas!« im Szenischen wie Musikalischen gewöhnlich kein genau definierter Plan mehr vorausgeht, der im Probenprozess dann nur noch »auszuführen« wäre, so geht auch dieser Bühne kein Plan auf Papier mehr voraus. Wie also Theaterproben im Rahmen von »NOperas!« dem behutsam experimentierenden Prozess einer Stückfindung dienen, bei der die beteiligten Performer sich wesentlich mit einbringen, so wurde auch hier am Material selber erprobt und entwickelt. Beides trifft sich mit der Idee eines Theaters, das nicht mehr allein Illusion und also idealisiertes Gegenbild zu wirklicher Welt sein will. Wie der Performer sich als der, der er ist, dabei nicht mehr hinter Schminke und Maske verbirgt, seinen Beruf nicht mehr allein in »so tun als ab« begreift, will auch diese Bühne nicht als Attrappe eines anderen mehr gelesen werden, sondern als Darsteller ihrer selbst.
Mit dem Ende seines zweiten Dreijahresturnus wird »NOperas!« kommendes Jahr in die dritte Runde treten – und begegnet dabei schwierigen Zeiten!
Kultur ist in Deutschland als keines der Staatsziele verankert. Für ein Gros der Politiker ist sie ein Nice-to-have, auf das man ohne viel Aufhebens verzichten kann, wenn der Gürtel mal enger geschnallt werden muss. Besonders hart trifft es im Rahmen derzeitiger Haushaltspläne die Schwachen, denen institutioneller Schutz fehlt und deren Kunst zu neu und ungebärdig ist, um Staat, Stadt oder Land zu Repräsentationszwecken dienen zu können: Willkommen in der Freien Szene!
Noch schwieriger wird es nun werden fürs freie Musiktheater, dessen Existenz als ein Kunstbereich mit eigenen Formen man selbst Kulturpolitikern immer neu erklären muss. Anders als etwa in Belgien und den Niederlanden gibt es für seine Kunst keine eigenen Mittel – innerhalb der Institutionen des Fördersystems konkurriert sie zum einen mit dem Feld von Musik, zum anderen mit Performance, Schauspiel und Tanz, ist freilich meist kostenaufwendiger als diese und zieht bei der Mittelvergabe so oftmals den Kürzeren. Im Rahmen der geplanten Beschneidung von Mitteln des »Musikfonds« und des »Fonds Darstellende Künste« verliert sie nun noch weiter an Land.
Der »Fonds Experimentelles Musiktheater« wurde geschaffen als Initiative, die sich zunächst und vor allem aufs Stadttheater richtet und einer zeitgemäßen Erweiterung seiner Musiktheater-Spielpläne gilt. Seit Einrichtung des NOperas!-Programms leistet er in solcher Richtung noch wertvollere Dienste: gleich mehrere Häuser können sich beteiligen, die Tür hierzu steht prinzipiell jedem Theater offen. Auch freiem Musiktheater aber dient er. Ziel ist, die neueren Formen der Freien ins Stadttheater zu holen und die ästhetische Kluft zu schließen, die beide bis heute voneinander trennt.
Nur eine Produktion kann mit den vorhandenen Mitteln je Spielzeit aber realisiert werden. Für die Theater ist das bereits einiges. Für die Vielzahl an Akteurinnen und Akteuren freien Musiktheaters, die um diese Produktion jährlich konkurrieren, erscheint es zunächst wenig. Immerhin aber, es ist doch mehr als nichts. Teams finden beim feXm darüber hinaus Bedingungen zu einem prozessualen und auf Nachhaltigkeit angelegten Arbeiten vor, von denen sie woanders nur träumen können. In diesen schlechten Zeiten bietet der feXm der Szene so noch wichtiger gewordenen Halt.
Bremen, das gleich über 2 x 3 Jahre dabei war, scheidet aus NOperas! ab kommendem Herbst aus. Nach 1 x 3 Jahren wird auch Gelsenkirchen (Intendant Michael Schulz wechselt nach Saarbrücken) nicht mehr dabei sein. Darmstadt beginnt seine zweiten drei Jahre. Neu als Partner hinzu tritt das Theater Münster.
Unter 40 Bewerbungen für die Saison 2025/26 bestimmte die Jury zunächst fünf Finalisten, in Wuppertal stellten sich diese dann einem vertiefenden Gespräch. Gern hätte man mindestens zweien der präsentierten Konzepte zur Realisierung verholfen. Den Zuschlag erhielt »Die Kantine« vom Team um Nico Sauer. Mutig verständigten sich auch die beteiligten Häuser damit auf ein Projekt, das stark mit eingeübter Routine bricht und ihren Betrieb vor Herausforderungen stellt.
Ein Vergleich bisheriger NOperas!-Produktionen zeigt: ganz unterschiedliche Wege führen im Musiktheater heute hinaus über die Opernform. Die ersten, die in den 1960er Jahren ein Musiktheater jenseits der Oper begründeten, kamen von musikalischer Seite. Es handelte sich um Komponisten, die nach einer »visible music« strebten und ihr Material vom Auditiven ins Visuelle erweiterten. Das »Komponistentheater« jener Jahre führt über verzweigte Weiterentwicklung bis hin zu Multimedia-Künstlern wie Nico Sauer, der sich gleichzeitig als Komponist, Autor und Theatermacher begreift.
»NOperas!« befand sich noch in Geburtswehen als 2019 COVID ausbrach. Die Pforten des Häuser waren geschlossen, das Theater suchte Auswege im Niemandsland des Digitalen und – da ihm ein erkennbares Gegenüber fehlte – in einer Beschäftigung mit sich selbst. Die Problematisierung von Hierarchien und Machtstrukturen im eigenen Arbeitsfeld hat die Bühne seitdem nicht mehr losgelassen. Auch in diesem Projekt, sein Titel deutet es an, kreist Theater um Theater. Die verspielte Offenlegung seiner arbeitsteiligen Illusionsmaschinerie bei einem Blick hinter die Kulissen, der seinerseits als Theater und also als manipulierter erscheint, wirft Fragen zum Verhältnis von Kunst und Realität und zur immer komplizierter gewordenen Suche nach Wahrheit auf, die uns auf längere Zeit weiter beschäftigen werden.
geboren in Katowice (PL), im Sternzeichen Waage, mit Aszendent Waage und Mond in Skorpion. 2011 absolvierte sie ihr Diplom in Gestaltung und freier Kunst mit Schwerpunkt Grafik am T. Kantor Kunstgymnasium und schloss 2017 ihr Diplom in Bühnen- und Kostümbild an der HfBK Dresden ab. Darauf folgte eine Festanstellung an den Münchner Kammerspielen, wo sie von 2017 bis 2020 als best girl, u. a. mit Philippe Quesne, Trajal Harrell, Florentina Holzinger, Susanne Kennedy, Marta Górnicka, Alexander Giesche und Henrike Iglesias zusammenarbeitete. Ihre Tätigkeit als freiberufliche Visual Designerin für Theater und Film führt sie u. a. an Häuser wie die Münchner Kammerspiele, Schauspiel Dortmund, Staatsschauspiel Dresden, Theater Augsburg, TJG Dresden, Festspielhaus Hellerau, Gorki Theater. Am wohlsten fühlt sie sich irgendwo zwischen freier Kunst und der Ermöglichung von technischem Wahnsinn.
ist eine in Texas geborene Choreografin, Performerin, Tänzerin, Musikerin, Medienmacherin und vielseitige Unsinnsperson, die in Dresden und Berlin lebt. Sie hat Arbeiten für eine Vielzahl von Räumen geschaffen, darunter Theater, Galerien, Off-Spaces, das Internet und zuletzt ihre Möbel. Ihre Arbeit ist interdisziplinär, findet jedoch ihre Wurzeln in den gelebten Erfahrungen des Körpers. Sie interessiert sich für prozessorientierte Kunst, die die komplexen Ökologien von Menschen und Nicht-Menschen, die mathematische Logik der Absurdität und das tiefgründige Mitgefühl, das durch Rituale des Scheiterns gefunden werden kann, offenbart.
ist Germanistin, Übersetzerin und Herausgeberin. Derzeit ist sie Post-Doc-Stipendiatin der Alexander-von-Humboldt-Stiftung an an der Ludwig Maximillian Universität München mit einem Forschungsprojekt zu Max Benses kybernetischer Lyrik. Ihr Dissertation »Kathrin Rögglas Szeno-Graphien der Gegenwart. Formen und Methoden einer performativen Prosa (1995 – 2016)« erscheint demnächst bei De Gruyter. Coppolas Forschungsinteressen liegen im Bereich der Performativität der Schreibprozesse, sowohl in Prosa als auch in Lyrik, mit einem Schwerpunkt auf der Frage der Künstlichkeit. Derzeit gibt sie die erste italienische Übersetzung von Hubert Fichtes Roman »Forschungsbericht« (1981) für IISF Press heraus. Seit 2017 kuratiert sie Radio- und Übersetzungsprojekte für das Goethe Institut in Neapel und gewann 2020 mit einer Adaption von »Aus der Fremde« (1981) von Ernst Jandl den »Kunst Radio-Radio Kunst«- Wettbewerb von Radio Ö1 Wien.
geboren in München, lebt seit 2014 in Berlin. Er ist ein multidisziplinärer Künstler, der als Komponist, Performer, Theaterregisseur, Filmemacher, Kurator und Programmierer tätig ist. Sein akademischer Werdegang umfasst ein Bachelorstudium in Komposition bei Wolfgang Rihm an der Hochschule für Musik Karlsruhe und an der Haute École de Musique in Genf. Seinen Masterabschluss erwarb er bei Manos Tsangaris an der Hochschule für Musik Dresden. Zu seinen frühen Arbeiten zählen transmediale Performances wie »NeueMusik24«, »Deutsch-Afrika« (2014) für Kammerorchester mit Computerstimmen und »Love Me« (2016) für Ensemble und 100 Masken. Zu seinen jüngsten Arbeiten gehören die 360° Audio-Mockumentary mit Visuals »Moonbreaker 2121«, die im festen Programm des Berliner Zeiss-Großplanetariums läuft; 2023 kam seine Solo-Oper »Atlantide Acide« in Paris zu Uraufführung, in der eine Mikrofonierung des Mageninneren per nasogastrischer Sonde erfolgt. 2024 wurde mit großem Erfolg seine Straßenverkehrs-Oper »RÜBER« auf der Münchner Biennale für Musiktheater aufgeführt, in der zehn Performer:innen neun Tage lang, acht Stunden pro Tag in den Münchner Straßen ein Publikum bespielten, das sich im Inneren einer fahrenden Limousine befand.
Es ist ein nassgrauer Tag im September.
Durch den Spalt eines geöffneten Fensters dringt Straßenlärm von der Sonnenallee. Bauarbeiten. Sirenen.
Es ist neun Uhr morgens, als ich anfange.
Vor mir, mein Laptop.
Das immerwährende Klacken der Computertastatur verleiht meiner Arbeit einen Rhythmus. E-Mails fluten das Postfach.
Nachricht aus Gelsenkirchen.
Nachricht aus Darmstadt.
Antworten auf Nachrichten von Vorgestern.
Ping!
DM vom RHO-Kollektiv. Frage, ob noch weitere Ausgaben für Stahl getätigt werden können.
Roland ruft an. Wir tauschen uns über den aktuellen Stand des Projekts aus.
Mittagessen.
Wieder am Laptop.
Im Hintergrund läuft das Demotape des ersten Aktes.
DDR-Nostalgie und Lärm vermischen sich in meinem Zimmer zu einem eigenartig schönen Klangteppich.
Geld fließt von einem Konto auf ein anderes und saust als unsichtbarer Schatten über Ländergrenzen hinweg zu unserem Komponist.
Mehr E-Mails. Mehr Anrufe.
Am Abend ein Zoomcall mit dem Kollektiv.
Mikrofone rauschen, die Verbindung ist schlecht, Kronkorken werden geöffnet.
Zischen.
Der Call dauert wieder länger als erwartet und alle reden durcheinander.
Eine Polyphonie verschiedener Stimmen entsteht.
Ein bisschen wie bei einer Oper.